Die Bundestagsabgeordnete Corinna Rüffer, Mitglieder des Ortsverbandes Aar-Einrich-Diez und des Kreisverbandes Rhein-Lahn Bündnis 90/Die Grünen sowie der Grüne Direktkandidat des hiesigen Wahlkreises – Torsten Klein waren der Einladung von Christiane Beule gerne nachgekommen und besuchten am 23.08.2021 den Willkommenskreis Diez, um sich über dessen Arbeit und Anregungen zu informieren. Erwartet wurden sie von einem Team von Ehrenamtlichen, die viele Informationen, Ideen und eine reichhaltige Kaffeetafel mit Selbstgebackenem zu bieten hatten.
Da es ein Anliegen des Willkommenskreises ist „nicht über Flüchtlinge zu reden, sondern mit ihnen“, berichtet zunächst Achmad sehr ausführlich von der derzeitigen Situation in Afghanistan, der er entkommen ist. Von der Zäsur, die der Abzug der westlichen Truppen und die schnelle Machtergreifung der Taliban für die Menschen in Afghanistan bedeuten, vom überraschenden Weglaufen des Präsidenten und der anderen Politiker, die damit die Menschen im Land alleine gelassen haben, von Wünschen und Plänen, die wohl jetzt nicht mehr realisiert werden können, von der Angst vor den Taliban und der Hilflosigkeit, die sich breit macht. Als Mitglied des Petitionsausschusses ist Rüffer jährlich mit ca. 16.000 Petitionen pro Jahr befasst, sie erzählt von einem aktuellen afghanischen Schicksal, das sie sehr bewegt und wütend macht, weil die Bürokratie notwendige menschliche Hilfe verkompliziert. „Eigentlich war der Auftrag Deutschlands, westliche Werte zu implementieren, aber noch nicht einmal die Rettungsaktionen funktionieren“ meint sie.
Zahra berichtet von ihrem politischen Interesse, das durch die Erlebnisse in Afghanistan geweckt wurde: sie hat nicht nur Krieg und Bombenangriffe erlebt, sondern auch, dass ihre Eltern fast umgebracht worden wären. Das hat sie geprägt. Mit 11 Jahren ist sie mit ihrer Familie nach Deutschland gekommen und interessiert sich sehr für Politik und gesellschaftliche Strukturen. Vielleicht ist die Grüne Jugend eine gute Anlaufstelle für sie, überlegt Rüffer.
Während der Willkommenskreis sich anfangs um die Begleitung und Betreuung von Geflüchteten kümmerte, hat er sich stetig weiterentwickelt, hin zu einer komplexen Hilfsorganisation für Diez und die Umgebung, erzählt Christiane Beule. Aktuell sind 40 Ehrenamtliche aktiv. In der Kleiderstube wird gut erhaltene Second-Hand-Kleidung angeboten, diese muss vorher in stundenlanger Arbeit aus den Kleiderspenden heraus sortiert werden. Mit dem Foodsharing-Projekt beteiligt sich der Willkommenskreis an einem inzwischen bundesweit aktiven Netzwerk, das überschüssige Lebensmittel an Supermärkten abholt und weiter verteilt. Hausaufgabenhilfe, Sprachkurse, Frauengruppe, Seniorenhilfe, die Internationale Woche und ein neues Integrationsprojekt sind weitere Initiativen, die der Willkommenskreis im Laufe der Jahre entwickelt hat. Ideen für neue Tätigkeitsfelder entstehen bei der jährlichen Zukunftswerkstatt. Immer wieder entstehen sie aber auch dadurch, dass die Menschen, für die der Willkommenskreis zunächst eine Anlaufstelle in eigener Not war, sich nun selbst engagieren. Das ist das Erfolgsrezept des Willkommenskreises – so sind sich seine anwesenden Vertreter*innen einig - dass Menschen stetig motiviert werden, sich mit ihren Fähigkeiten und Interessen einzubringen und dabei neue Ideen für weitere Hilfsangebote entwickeln.
Der Willkommenskreis hat sich zu einer Institution entwickelt, die aus der Region nicht mehr wegzudenken ist, so die Einschätzung der Besucher*innen. Gemeinden und Verbandsgemeinden kooperieren und rufen an, wenn z. B. Unterstützung bei Arztbesuchen gebraucht wird. Gut vernetzt, sind die Ehrenamtlichen schnell informiert und zur Stelle. Doch auch die Ehrenamtlichen brauchen Unterstützung für ihre Arbeit – ob das nun die Ehrenamtskarte ist, die man mit interessanten Angeboten bestücken könnte, oder eine Supervision für die manchmal belastende und oft aufzehrende Arbeit. Ehrenamtliche Arbeit kann nicht die alleinige Lösung für gesellschaftliche Aufgaben sein, so sind sich alle Anwesenden einig. Auf mehr hauptamtliche Arbeit zurückgreifen zu können, wäre schön, meint Beule, z. B. wenn es darum geht, Fördergelder zu beantragen, um die Finanzierung von Projekten sicherzustellen – und würde den Freiraum schaffen, um sich den eigentlichen Dingen widmen zu können, nämlich Menschen zu unterstützen, die Hilfe brauchen. „Dem Ehrenamt den Rücken freihalten“, wie es Corinna Rüffer formuliert.
Beeindruckt von der Vielseitigkeit des Willkommenskreises, dem Engagement seiner Mitstreiter*innen und mit der Zusage, dass sie den Kreis unterstützen werden, verabschieden sich die Vertreter*innen der Grünen – es war ein sehr informativer und anregender Besuch, herzlichen Dank!